In einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) fast ohne Beschäftigte zu arbeiten, ist eine Erfahrung, die ganz neu für uns ist. In Zeiten der Pandemie dürfen nur Beschäftigte in die WfbM kommen, deren Betreuer systemrelevante Berufe haben und aus diesem Grund die Betreuung zu Hause nicht gewährleistet werden kann. Für uns, das Personal welches in der WfbM arbeitet, hat sich dadurch das Tätigkeitsfeld stark verändert. Im Moment erledigen wir mit den Beschäftigten, welche arbeiten dürfen, gemeinsam die Aufträge unserer Kunden. Dies lässt uns wieder deutlich erkennen, was die Menschen mit Behinderung jeden Tag leisten. Da wir in der Regel ein festes Gruppengefüge haben, ist jede Arbeitsgruppe eine große Familie. Freud und Leid eines jeden einzelnen wird miterlebt. Deshalb war es für uns selbstverständlich, zumindest telefonischen Kontakt mit den Beschäftigten zu halten, die zuhause bleiben müssen.
Ja MÜSSEN, denn diese Beschäftigten fragen verstärkt nach warum einige arbeiten dürfen und warum sie nicht. Es fließen auch Tränen – welche natürlich auch die Gruppenleitung nicht unberührt lassen. Es bedarf schon viel Überzeugungsarbeit und Einfühlungsvermögen, um die Sachlage so zu erklären, dass das Vorgehen für alle nachvollziehbar ist. Der persönliche Kontakt ist für beide Seiten sehr wichtig, für die Beschäftigten ebenso wie für die Mitarbeitenden. Die Telefonate sind oft sehr emotional und machen deutlich wie stark die Verbundenheit untereinander ist.
Einige Gruppenleiter haben auch jedem Gruppenmitglied eine Postkarte mit persönlichen Grüßen an die daheim Gebliebenen verschickt. Die Freude hierüber war groß, was die Rückmeldungen zeigen. Die Situation in der Corona Krise macht deutlich, was die Beschäftigten in den Werkstätten leisten, wie stolz sie auf ihre Arbeit sind, nicht zu vergessen wie sehr alle Gruppenmitglieder miteinander verbunden sind – eben wie eine Familie.
Wir freuen uns jetzt schon darauf, wenn wir uns alle wiedersehen können. Die Krise hat uns hoffentlich allen gezeigt, wie wichtig der menschliche Kontakt ist. Die Krise zeigt aber auch, dass die Lobby für die Menschen mit Behinderung noch nicht ausreichend vorhanden ist. Was das Beschäftigungsverbot für sie bedeutet, ist kein Thema in der Öffentlichkeit. Ebenso ist nicht über die Mitarbeitenden in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung oder in einer Förderstätte gesprochen worden. Da die Beschäftigten zuhause bleiben mussten, waren einige von Ihnen von Kurzarbeit betroffen. Auch das wird eine Aufgabe für die neue Fachgruppe Behindertenhilfe beim vkm-Bayern sein. Dieses Arbeitsfeld ins Bewusstsein rücken, für eine Vernetzung der Mitarbeitenden sorgen und nach Corona mit der Politik klären, ob die völlige Schließung notwendig war.
Bleiben Sie GESUND!
Andreas Wolf und
Gusti Markert